Gute Mitarbeiter finden und behalten ist Teil des Unternehmenserfolgs. Aber was erwarten Mitarbeiter heute? Was hat sich geändert? Diese sechs Tipps helfen Ihnen weiter.
Haben wir einmal gute Mitarbeiter, möchten wir, dass sie uns möglichst lange erhalten bleiben. Sie sind eine wichtige Stütze im täglichen Tun – und sie kosten Geld, wenn sie gehen: 14.900 Euro sind die durchschnittlichen Kosten für Mitarbeiter:innen, die ein Unternehmen verlassen. Das hat das Internationale Management- und Strategieberatungs-Unternehmen Deloitte 2019 in einer Analyse festgestellt. Wahrscheinlich sind die Kosten viel höher.
Mitarbeiter wechseln immer häufiger
Doch warum verlassen Mitarbeiter ein Unternehmen? Die Frage lässt sich heute schwerer beantworten, als noch vor 10 Jahren: Die Bedürfnisse und das Selbstverständnis von Mitarbeitern haben sich seither geändert. Nur eines steht fest: Die Fluktuationsrate steigt stetig an. Deshalb ist es für Unternehmer wichtig sich frühzeitig dieses Problems bewusst zu werden und ihren Führungsstil in Frage zu stellen.
Die vier wichtigsten Gründe für den Austritt aus den Unternehmen sind: die Führung (19%), das Gehalt (18%), die Aufstiegsmöglichkeiten (17%) und zu wenig positive Mitarbeitererlebnisse (13%).
Die Arbeitswelt im Wandel
Die zunehmende Nutzung digitaler Geräte bringt radikale Veränderungen mit sich. Die Digitalisierung erhöht die Komplexität und die Geschwindigkeit von Prozessen. Arbeitsbedingungen wechseln schnell, langjährige Berufe verschwinden, neue Chancen entstehen. Dies hat uns die Corona-Pandemie ganz deutlich vor Augen geführt.
Die Folge: Die Arbeitsplatzsituation verändert sich, auch die Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen haben sich verändert. Das führt zwangsläufig zu einer neuen unternehmerischen Kultur und diese bedarf einer neuen Führungskultur.
Grundbedürfnisse der Mitarbeiter
Gerald Hüther und Sebastian Purps-Pardigol definieren in ihrem Buch „Führen mit Hirn“ zwei Grundbedürfnisse des Menschen:
Zugehörigkeit – Menschen möchten sich verbunden fühlen.
Entfaltung und Gestaltung – Menschen möchten sich einbringen.
Die Führung muss also die Balance zwischen strategischer Ausrichtung und Mitarbeiter*innen-Kultur schaffen. Zudem ist es wichtig, ein Klima des Vertrauens aufzubauen und zu erhalten.
Tipp1: Das Unternehmen ist eine Familie und nicht der feindliche Dschungel
Im Unternehmen ist das Gefühl von Zugehörigkeit ein wichtiger Stellhebel für Wohlbefinden. Lassen Sie zu, dass professionelle Bindungen entstehen und fördern Sie das Vertrauen ineinander.
Tipp 2: Die Magie der Vorbildwirkung
Als Führungskraft haben Sie für Ihre Mitarbeiter*innen eine Vorbildfunktion. Grund genug, ehrlich, authentisch und kooperativ auf Menschen zuzugehen. Das gilt besonders in Bezug auf Fehler. Vermitteln Sie das Gefühl, auch einmal Fehler machen zu dürfen. Denn Fehler sind Lerngutscheine. Wer aus Fehlern lernt, macht es beim nächsten Mal besser, sofern er ein vertrauensvolles Umfeld vorfindet, in dem auch die Führungskraft Fehler eingesteht – und daraus lernt.
Tipp 3: Motiviertheit statt Motivation
Das menschliche Belohnungssystem ist aktiv, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. Erfolg, der mir nicht in den Schoß fällt, sondern für den ich mich schon anstrengen muss, der mich aber auch nicht überfordert. Öffnen Sie Ihrem Team Räume und zeigen Sie Grenzen.
Tipp 4: Wenn Du es eilig hast, gehe langsam
Krisen haben mit der VUCA-Welt vieles gemeinsam: Sie sind meist überraschend, komplex und oft überfordernd. Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Krisenmanagement können helfen, Komplexität zu handhaben: recherchieren, strukturieren, portionieren, ? Machen Sie bewusst einen Schritt nach dem anderen.
Tipp 5: Individuelle Spezialisierung statt Einheitsbrei
Fördern Sie die unterschiedlichen Talente und Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter. Je unterschiedlicher das Team, desto besser sind Sie für die Herausforderungen von morgen gewappnet.
Tipp 6: Im Zeitalter des Unbewussten / der Intuition
Viele Aufgaben werden immer komplexer, doch unser Gehirn kann maximal 7+/-2 Bedeutungseinheiten gleichzeitig aktiv haben. Deshalb führt ein Mehr an Faktenwissen nicht immer zu besseren Entscheidungen. Trauen Sie sich und Ihrem Team auch intuitive Entscheidungen zu.
Als ich am 17.4.2020 eine erste Version dieses Artikels veröffentlichte, wussten wir noch nicht, dass wir im November 2021 die höchsten Fallzahlen haben würden…
Am 13. März 2020 verkündet die österreichische Regierung einschneidende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise. Alles, was danach kam, ist uns Unternehmer:innen noch in allerbester Erinnerung: Ausgangsbeschränkungen, Homeoffice, Stornierung von Aufträgen, Überbelastung mancher Sparten (z.B. Steuerberater), Kurzarbeit, unterbrochene Lieferketten und vieles mehr. All das hat unsere Wirtschaft nachhaltig verändert.
Die Covid-19 Krise führt nicht nur dazu, dass wir nun alles Mögliche vermehrt online erledigen. Wir können auch viel über die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts lernen.
Unberechenbarkeit und Komplexität
Die Maßnahmen der einzelnen Regierungen haben von heute auf morgen viele Dinge grundlegend verändert (Unberechenbarkeit). Auch heute wissen wir noch nicht, ob dies der letzte Lockdown gewesen sein wird. Wir Unternehmer:innen mussten hohe Flexibilität beweisen, ohne zu wissen, wie es ausgeht. Bei vielen machte sich Unsicherheit breit. Zudem mussten wir mit Situationen umgehen, von denen wir immer noch nicht alle Faktoren kennen. Geschäftsmodelle (individuell gestalteter Mund-Nasen-Schutz) hatten Hochkonjunktur, bis die neue Regeln (FFP2-Maske) eingeführt wurden. Wir sind also von der Komplexität der Situation überfordert. Was für die einen ein Fluch (Umsatzeinbrüche), ist für die anderen ein Segen (z.B. Zustelldienste). Gewohnte Zusammenhänge sind außer Kraft gesetzt, Bedeutungen nicht mehr eindeutig.
Wir sind in der VUCA Welt angekommen
Was uns noch vor wenigen Jahren im Zuge der Zunehmenden Digitalisierung vorausgesagt wurde, ist längst eingetroffen: die VUCA-Welt ist Realität.
In der Covid-19-Krise haben wir also in kürzester Zeit viele Situationen erlebt, die uns für Unternehmen im 21. Jahrhundert vorausgesagt wurden. Und alles begann im März 2020 mit Homeoffice. Covid-19 ist ein Katalysator, ein Entwicklungsbeschleuniger – die eigentliche Digitale Revolution? Ja, wenn es uns gelingt, die gemachten Erfahrungen in unseren Alltag zu integrieren, Wissen aufzubauen und somit besser für die 4. Industrielle Revolution (Digitale Transformation) gerüstet zu sein.
Ein Blick in mein Privatleben:
Durch die Absage von Präsenzseminaren bin ich viel weniger Kilometer mit dem Auto gefahren, hab dafür mehr Seminare online gehalten (Mobilität und Konnektivität).
Ich habe deutlich mehr selbst gekocht und dabei auf die Qualität der Lebensmittel geachtet. (Neo-Ökologie und Gesundheit)
Ich habe seit 20 Jahren meine Ski wieder selbst gewachst und manches repariert, das ich sonst weggeworfen hätte und ich habe alte Pullover wieder ausgegraben, um sie anzuziehen (Neo-Ökologie)
Ich habe gelernt, mit kurzfristigen Absagen von beruflichen und liebgewonnenen privaten Terminen umzugehen (New Work)
Ich habe gelernt, asiatisch zu grüßen, anstatt jemand die Hand zu drücken (Globalisierung)
Ich habe mehr gelesen und geschrieben (Wissenskultur)
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Das Deutsche Zukunftsinstitut hat zwölf Megatrends festgemacht, die in der Zeit nach der überstandenen Covid-19-Krise Wirtschaft und Gesellschaft maßgeblich beeinflussen werden. Einige spiegeln sich in meinen Beispielen wider.
Unternehmen sind von Kopf bis Fuß agiler und digitaler geworden
In 1 1/2 Jahren zwischen Lockdown und Kurzarbeit mussten insbesondere wir Selbständigen uns anpassen und müssen es immer noch. Wir können jedoch langsam den Blick nach vorne richten, in die Inspiration und Erneuerung. Jetzt ist Kreativität und Innovation gefragt und damit eine ganz neue Unternehmenskultur. All die kleinen Pflänzchen der Veränderung, die noch vor Corona erste Keime entwickeln durften, haben jetzt einen enormen Wachstumsschub erhalten. Die ganze Erde ist ein dynamischer Organismus mit kollektiver Vernunft. Menschen agieren aus einem authentischen Selbst heraus, sind sowohl Beobachter als auch Gestalter der Welt. Emotionen und Gefühle werden verstärkt dem Wissen hinzugefügt, das Vertrauen auf Intuition und Instinkt steigt. Kooperationen in und mit dieser Bewusstseinsebene sind gut mit dem Schlagwort zahlreicher Ökologiebewegungen zusammengefasst: „Global denken, lokal handeln.“ Es braucht globales, vernetztes Denken, um eine nachhaltige, lokale Kooperation einzugehen und erfolgreich durchführen zu können.
Dabei stehen Unternehmer und Führungskräfte vor ganz neuen Herausforderungen in Sachen Mitarbeiterführung und Selbstmanagement. Wenn Sie jedoch hinschauen und analysieren, welche Strategien in der Krise erfolgreich waren, haben Sie das Rüstzeug für die nächsten Jahre:
Netzwerk/Kooperation ist das Zukunftsmodell des Wirtschaftens
Human Being statt Human Ressource
Die Führungskraft ist Dienstleister der Mitarbeiter:innen
Mehr digitale Intelligenz braucht mehr emotionale Intelligenz
Kreativität und Spielerisches fördert neue Ideen
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Literatur:
Beck und Cowan (2007): Spiral Dynamics Kamphausen Verlag
Gatterer (2020): Wirtschaft nach Corona Zukunftsinstitut